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Die Datenschutzbehörde hat einer Tiroler Gemeinde einen Dämpfer verpasst: Ihre Videoüberwachungsanlage in der Begegnungszone Wörgl wurde untersagt – und das mit klarer Begründung. Die Gemeinde wollte mit Kameras „präventiv schützen“ und auf eigene Faust Delikte dokumentieren. Doch ohne gesetzliche Grundlage ist das kein Schutz, sondern ein Verstoß gegen Grundrechte. Der Fall zeigt exemplarisch, wie schnell bei Behörden der Spagat zwischen Sicherheitswunsch und Datenschutzrecht misslingt.

1. Videoüberwachung braucht mehr als gute Absicht

  • Rechtsgrundlage erforderlich: Öffentliche Stellen dürfen sich nicht auf „berechtigtes Interesse“ nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO berufen. Für staatliche Videoüberwachung ist eine gesetzliche Basis nötig.
  • Kein Sonderweg für Gemeinden: Auch wenn Sicherheitsbedürfnisse nachvollziehbar sind – das Grundrecht auf Datenschutz wiegt schwer. Ohne qualifizierte Regelung bleibt die Überwachung unzulässig.

2. DSGVO unterscheidet zwischen Behörden und Privaten

  • Private vs. öffentliche Verantwortung: Unternehmen und Privatpersonen dürfen unter bestimmten Bedingungen Kameras installieren – aber Behörden unterliegen strengeren Regeln.
  • Zweckbindung zählt: Kameras dürfen nicht „für alle Fälle“ laufen. Der Zweck muss klar, spezifisch und rechtlich gedeckt sein.

3. Prüfverfahren und Sanktionen

  • Warnung für geplante Erweiterung: Die DSB hat nicht nur das bestehende System untersagt, sondern auch eine ausdrückliche Warnung für die geplante Erweiterung ausgesprochen.
  • Gericht bestätigt Entscheidung: Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidung vollinhaltlich bestätigt – ein klares Signal an öffentliche Stellen.

Fazit

Wer im öffentlichen Raum Kameras aufstellt, greift tief in Grundrechte ein – besonders als Behörde. Der Fall Wörgl zeigt: Guter Wille reicht nicht. Ohne solide gesetzliche Grundlage wird selbst gut gemeinter Schutz zum Datenschutzverstoß. Für Städte, Gemeinden und Behörden gilt deshalb: Erst prüfen, dann installieren – nicht umgekehrt.


Links zum Artikel

Entscheidungen der Datenschutzbehörde – dsb.gv.at
Muster-Datenschutzfolgenabschätzung Videoüberwachung – BayLDA
Kurzpapier der Datenschutzkonferenz zur Videoüberwachung – Datenschutzkonferenz